Die Supply Chain Managerin von robos-labels im Gespräch über die aktuelle Situation
Wenige Monate vor Beginn der Coronakrise wurde seitens der Geschäftsführung besonderes Augenmerk auf das Supply Chain Management gelegt. Mittlerweile ist nichts mehr wie zuvor, als langjährige bewährte Lieferantenbeziehungen ausreichten, um die Beschaffung von Rohmaterialien zu sichern. Beschaffungseinheiten müssen ganz neue Wege gehen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen zu sichern.
Corona hat die Schwächen in den Lieferketten schonungslos offengelegt. Wie gut war robos-labels für diese Herausforderung aufgestellt?
Hüging: Dank unserer langjährigen Partnerschaften mit unseren Hauptlieferanten und unserer Tochterfirma Folit sind wir zu Beginn der Corona-Krise weiterhin gut mit Rohmaterialien versorgt worden. Für die wichtigsten Materialien und Produktionsmittel haben wir zudem selbst immer einen umfangreichen Sicherheitsbestand vorrätig.
Es gab einzelne Materialien, die nicht verfügbar waren. Aber im Großen und Ganzen sind wir gut durch die erste Zeit gekommen. Wir hatten das Glück, dass unser größter Kunde ein systemrelevanter Hersteller von Laborprodukten ist, dessen Bedarf durch Corona stark gestiegen war. Durch die Systemrelevanz unseres Kunden war die Materialverfügbarkeit für uns gewährleistet. Das Ausliefern der Produkte war ebenfalls kein Problem, da unsere Partner UPS und Dachser sehr zuverlässig gearbeitet haben.
Aus welchen Ländern und Regionen bezieht robos-labels seine Rohstoffe?
Hüging: Die Produktionswerke unseres größten Lieferanten sind alle in Europa. Teilweise beziehen diese die Bestandteile ihrer Produkte aus Fernost, so dass es Anfang des Jahres auch da zu Lieferproblemen kam. Wir haben außerdem zwei Lieferanten mit Produktionsstätten in Großbritannien. Die Farben, die wir verwenden, werden in Baden-Württemberg hergestellt und unsere Werkzeuge bestellen wir direkt beim Hersteller in Norddeutschland. Die Rollenkerne kommen aus Bayern.
Was waren und sind die Konsequenzen für robos-labels und seine Kunden?
Hüging: Es kam und kommt noch immer zu erheblich längeren Lieferzeiten. Materialien, die zuvor innerhalb von ein bis zwei Wochen verfügbar waren, haben nun eine Lieferzeit von 6 bis 8 Wochen, in Einzelfällen bis zu 6 Monaten.
Mit welchen Maßnahmen hat robos-labels darauf reagiert?
Hüging: Für uns bedeutet das, dass wir noch detaillierter und vorausschauender planen müssen und auf die Forecasts unserer Kunden angewiesen sind. Anhand dieser versuchen wir, das Material rechtzeitig zur gewünschten Lieferzeit verfügbar zu haben. Wir bitten unsere Kunden frühzeitig zu bestellen und Lieferzeiten von mindestens 8 Wochen einzuplanen. Wir sind gerade dabei, unser ERP-System auszubauen und unsere Beschaffung mithilfe der Digitalisierung noch besser zu planen.
Mussten Sie ganz neue Wege gehen um die Belieferung Ihrer Kunden zu sichern?
Hüging: Ja, wir hatten einen konkreten Fall, wo ein Sicherheitsmaterial plötzlich gar nicht mehr lieferbar war. Wir haben ein Alternativmaterial gefunden, das wir allen Kunden angeboten haben. Ein Großteil hat dieses dann auch angenommen und die Etiketten konnten rechtzeitig ausgeliefert werden.
Die Kunden, die nicht mit der Umstellung einverstanden waren, haben Teillieferungen mit dem früheren Material aus einem Restbestand bekommen. So konnten alle Kunden im Rahmen der Möglichkeiten zufriedengestellt werden.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir in der Zwischenzeit in der Anfangsphase von Kundenprojekten bereits mindestens zwei Materialien mit identischen technischen Daten von unterschiedlichen Herstellern anbieten, um von Beginn an das Risiko möglicher Lieferschwierigkeiten minimieren zu können.
Welche Vorteile bringt die Mitgliedschaft in der EKDD-Skoop-Einkaufsgemeinschaft?
Hüging: Die EKDD hilft uns, eine langfristige Preisstabilität zu gewährleisten. Zudem wird man als Mitglied nicht nur als eine kleine Druckerei wahrgenommen, sondern als wichtiges Puzzleteil einer großen Gemeinschaft, die durch die Bündelung von Bedarfen eine ganz andere Marktmacht gegenüber den Lieferanten darstellt. Zudem können wir vom Wissen der Gruppe profitieren, indem beispielsweise ein Austausch über Alternativmaterialien stattfindet und man sich auch gegenseitig hilft, falls Materialien irgendwo dringend benötigt werden und bei einem selbst vielleicht noch Restmengen ungenutzt am Lager liegen.
Die Preisverhandlungen finden zwischen EKDD und den Lieferanten statt, somit können wir uns auf andere Dinge konzentrieren. Außerdem hat die Einkaufsgemeinschaft ein viel höheres Einkaufsvolumen als robos-labels und kann Preise und Services deswegen ganz anders verhandeln.
Wie ist die derzeitige Situation auf den Rohstoffmärkten in Bezug auf die robos-labels-Produkte?
Hüging: Die Situation ist unverändert angespannt wie bereits Ende 2021 und ein Ende dieser Entwicklung können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen. Langfristige Planungen sind weiterhin schwierig, was sich besonders (negativ) auf die Preisfindung bestehender und neuer Projekte auswirkt.
Konkret bedeutet dies, dass sowohl die Rohstoff-, Energie- und Transportkosten weiter steigen und die weltweiten Lieferketten immer noch sehr fragil sind, wodurch weiterhin mit eingeschränkten und verlängerten Lieferzeiten zu rechnen ist. Lieferantenseitige Vereinbarungen zur Preisstabilität sind aktuell maximal für 4-6 Wochen möglich.
Sie haben die Tochterfirma Folit im Haus, die mit Kennzeichnungsmaterialien handelt und diese als Zuschnitt anbietet. Ist das ein Vorteil in dieser Beschaffungskrise?
Hüging: Das ist absolut ein Vorteil. Wir haben hier sehr kurze Wege und im Zweifel genügt ein Anruf, ob das Material am Lager ist und schon zwei Stunden später steht es an unserer Druckmaschine. Folit ist einer der größten 3M-Händler in Deutschland und hat viele Materialien am Lager verfügbar, die wir dann je nach Bedarf von Folit individuell zugeschnitten und in kürzester Zeit geliefert bekommen.
Welche Erfahrungen haben Sie fit gemacht für diese Herausforderung?
Hüging: Ich komme ursprünglich aus der Speditionsbranche und da lernt man, unter Zeitdruck und schwierigen Arbeitsbedingungen Höchstleistungen zu erbringen. In der Spedition passieren oft unvorhersehbare Dinge und man muss schnell reagieren. Das hat mich fit gemacht, die Herausforderungen bei robos-labels anzunehmen und nach neuen Lösungen zu suchen.
Haben Sie ein Lebensmotto:
Hüging: Alles wird gut.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person:
Viktoria Hüging ist 38 Jahre alt und hat ein duales Studium der Betriebswirtschaftslehre an der BA Mannheim mit dem Schwerpunkt Spedition, Transport und Logistik absolviert. Seit 2,5 Jahren arbeitet sie bei robos-labels. Neben der Arbeit managt sie ihre Familie mit 2 Schulkindern und ist politisch aktiv.